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Nachgefragt beim FTSV Straubing (Interview Straubinger Tagblatt)
"Die Niederlagen tun einem schon weh"

Nach Debakel der deutschen Athleten bei der WM in Paris:
"Leichtathletik braucht Idealisten"
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(ena) Das magere Abschneiden der deutschen Athleten bei der Weltmeisterschaft in Paris sorgt für Aufruhr in der Leichtathletik-Szene. Von allen Seiten hagelt es Kritik, vor allem am deutschen Leichtathletik-Verband. Versäumnisse in der Nachwuchsförderung werden dem Verband vorgeworfen. Kritik, die die Jugendtrainer Helmut Weigl und Dieter Filipcic vom FTSV Straubing gut nachvollziehen können.

Schülertrainer Dieter Filipcic"Man sollte talentierten Nachwuchssportlern eine Chance geben", fordert Dieter Filipcic, Übungsleiter beim FTSV. Es tue ihm sehr weh, wenn er sehe, dass Athleten statt WM zuhause bleiben müssten, weil sie die vorgebene Norm um einige Zehntel oder Zentimeter verfehlt hätten. Außerdem sei in Deutschland die Norm nahezu unerreichbar. "Die Anforderungen sind zu hoch."

Harte Zeiten für Talente
Der Trainer der Jugendlichen ab 14 Jahren, Helmut Weigl, sieht noch weitere Gründe für die Sportmisere. "Für junge Sportler gibt es kaum Fördermöglichkeiten" stellt er fest. Talente dürften zum Stützpunkttraining. Allerdings werde nur wenigen Spitzentalenten ein Landestrainer vom Verband gestellt. Zudem müssten für ein solches Training weite Wege in Kauf genommen werden.
Entscheidend, so der Betreuer, sei die Situation am Wohnort des Nachwuchsathleten. Ein Wechsel auf ein teures und weit entferntes Sportgymnasium sei für die Mehrzahl der Talente schlichtweg unrealisierbar. Bedauernswert ist die Lage der geförderten Jugendlichen: nach Sponsoren müssen sie sich selber umschauen. "Es fehlt das Geld beim DLV", konstatiert Weigl. Es werde überall gespart, besonders an der Basis. "Wir würden uns schon mal über ein T-Shirt für die Kinder freuen", meint Filipcic bescheiden. Trainings-Zuckerl für zwischendurch wie kleine Pokale bezahle entweder der Verein oder der Trainer aus der eigenen Tasche - ohne Murren.

Jugend- und Erwachsenentrainer Helmut Weigl
Idealismus gefragt
Generell habe die Leichtathletik zu kämpfen. Früher habe es einfach mehr Sponsoren gegeben, zudem hatte Leichtathletik einen höheren Stellenwert, bedauert Weigl. Die Dopingfälle der vergangenen Jahre hätten dem Image der Sportart zusätzlich geschadet.
"Für Leichtathletik braucht man Idealismus", sind sich die zwei Jugendtrainer einig. Ohne persönliches Engagement gehe gar nichts. Man habe zwar auf lokaler Ebene keine Nachwuchssorgen, die Zuwachszahlen in der Leichtathletik stagnierten aber seit Jahren. Beide, selbst aktive Sportler, sind ehrenamtlich für den Verein tätig. Eine Lösung der sportlichen Problematik hat Trainer Weigl klar vor Augen. Seiner Meinung nach müsste der Verband verstärkt das Ehrenamt fördern. Gäbe es mehr Trainer und Übungsleiter, käme der Nachwuchs von allein. Die wichtige Stellung eines Ubungsleiters hebt auch Filipcic hervor. "Die Gruppe steht und fällt mit dem Trainer."
Mit dem FTSV sind die beiden sehr zufrieden: "Hier wird unheimlich viel für die Jugendlichen getan." Beide Betreuer verbringen nahezu ihre gesamte Freizeit auf dem Sportplatz oder am Wochenende auf Wettkämpfen. Ein Zeitaufwand, den sie für ihre Schützlinge gerne investieren. "Es macht einfach Spaß, mit den Kindern zu arbeiten" erzählt Filipcic, und seine Augen leuchten, wenn er vom Training mit den Kids spricht. Kinder hätten ein unwahrscheinliches Gespür dafür, ob der Trainer bei der Sache sei. Akzeptiert werde man nur wenn man selber Ahnung von der Materie habe.
Und die hat er reichlich: in Barcelona wurde der FTSV-Mann Weltmeister im Dreisprung und Vizeweltmeister im Kugelstoßen. Am gefragtesten bei seinen Schützlingen seien die Staffelläufe. "Die Kinder lieben es, sich aneinander zu messen".

Motivation durch Leistung
Allgemein sei die Disziplin Laufen am beliebtesten, auch wenn im Training alle Disziplinen geübt werden. Mit der Nachwuchssituation sei man auf Vereinsebene überaus zufrieden. "Da sind Spitzenleute mit Potential dabei"‚ freut sich Trainer Filipcic. Wichtig sei in erster Linie die Motivation über die Anerkennung in Wettkampf, betont Weigl, denn "Leistung zieht Leistung". Der zweite Ansporn sei das gemeinsame Training in der Gruppe, "das schweißt zusammen." Der Fun-Faktor kommt dabei voll zum Tragen. Darin sieh Weigl den entscheidenden Vorteil der Leichtathletik gegenüber Trendsportarten. Aktivitäten wie Inlineskaten oder Skateboarden seiei zwar "cool", man könne sie aber ohne Probleme alleine und ohne größere Anstrengungen ausüben. In der Leichtathletik dagegen werde sehr intensiv trainiert. "Es geht schon ma zur Sache", schmunzelt Weigl. Das sei ja das Faszinierende an der Sportart. Daher sei für die FTSV-Trainer das Anschauen der Weltmeisterschaft im Fernsehen eine Selbstverständlichkeit. Wahnsinnig mitfiebern würden beide. "Ich springe richtig im Fernsehsessel mit"‚ lacht Filipcic.

Straubinger Tagblatt